A. Ziele und Zweck des Aussprachewörterbuchs und der Aussprachedatenbank:

Mit der Ö sterreichischen Aussprachedatenbank - ADABA und dem Österreichischen AussprachewörterbuchÖAWB - stehen erstmals eine umfassende Dokumentation der Aussprache des Österreichischen Deutsch kontrastiv zur jener des Deutschen und Schweizerischen Deutsch zur Verfügung. Die Aussprachedatenbank hat das Ziel, die Standardvarianten und die verschiedenen Ausspracheformen in Österreich zu dokumentieren, Informationen über die Aussprache in Österreich zur Verfügung zu stellen und Hilfen für die Ausspracheschulung anzubieten. Das ÖAWB basiert auf einem großen Audiokorpus von Aufnahmen von insgesamt ca. 100 SprecherInnen aus österreichischen, deutschen und schweizerischen Medienanstalten.

Zum Anfang


B. Was Sie im Österreichischen Aussprachewörterbuch finden - Die Inhalte im Überblick:

  1. Die Modellaussprache von insgesamt 42.000 Wörtern, davon 12.964 Wörter mit Audiofiles, die in der Ausprachedatenbank abgehört werden können.
  2. Die Aussprache von 2.101 häufigen österreichischen Familiennamen.
  3. Die Aussprache aller 2.353 österreichischen Gemeindenamen.
  4. Eine umfangreiche Beschreibung der theoretischen Grundlagen.
  5. Eine umfangreiche Analyse der Ausspracheunterschiede zwischen Österreichischen Deutsch und der beiden anderen nationalen Varietäten des Deutschen.
  6. Die österreichische Aussprachedatenbank liegt dem Aussprachewörterbuch bei. Sie umfasst eine große Zahl von Audiodateien zum Abhören.

Zum Anfang


C. Theoretische Grundlagen - 7 Prinzipien der Beschreibung:  

1. Die Beschreibung von Standardformen einer Sprache auf funktionaler Basis.
Die hier vorgenommene Beschreibung der Ausspracheformen des Österreichischen Deutsch sollte sowohl die überregional gültigen Standardformen, als auch andere, großregional üblichen Aussprachen umfassen. Wesentlich ist die dabei verfolgte funktionale Vorgehensweise: Als Standardformen einer Sprache werden hier jene Sprachformen verstanden, die (a) überregional verständlich/gebräuchlich sind, (b) innerhalb definierter politischer Einheiten akzeptiert werden, (c) sozial anerkannt und (d) identitätsstiftend sind.

2. Die Wahl eines außersprachlichen Blickpunkts zur Beschreibung von Standardnormen: (a) Es wurde ein strikt soziolinguistischer Beschreibungsansatz gewählt, d.h., dass sprachliche Normen als Ergebnis konkreten sozialen Verhaltens innerhalb definierter sozialer Strukturen aufgefasst werden.

(b) Die Grenzen der Republik Österreich und der einzelnen Bundesländer / Regionen wurden als außersprachlicher Beschreibungsrahmen festgelegt, da diesen eine zentrale Bedeutung für die soziale Orientierung und sprachliche Identität der Menschen dieses Landes zukommt.

(c) Zugleich wurde ein strikt deskriptiver Beschreibungsansatz verfolgt, der die Beschreibung von sprachlichen Realisierungen österreichischer SprecherInnen innerhalb definierter sozialer Kontexte zum Gegenstand hat. Normative Beschreibungsansätze, die danach fragen, wie eine bestimmte Norm in Österreich umgesetzt wird, waren somit ausgeschlossen.

3. Die Berücksichtigung des plurizentrischen Charakters des Deutschen und der spezifischen Merkmale des Österreichischen Deutsch (ÖDt.)

(a) Das ÖDt. ist eine von drei Vollvarietäten des Deutschen und gilt als eine nicht-dominierende nationale Varietät.

(b) Österreich teilt die Verwendung der deutschen Schriftsprache mit Deutschland und der Schweiz. Für die Leseaussprache gilt somit in allen drei Ländern prinzipiell dasselbe Phonemsystem, während in der freien Sprechsprache substantiellere Unterschiede erwartbar sind. Die Beschreibung der Aussprachenormen sollte daher sowohl Aussagen über die Leseaussprache, als auch die freie Sprechaussprache enthalten.

(c) Als zentrales Kriterium der Beschreibung der Ausspracheformen innerhalb einer gegebenen Sprachgemeinschaft, kann der Grad der Gebundenheit oder Nichtgebundenheit an die Schriftsprache und deren Kommunikationsformen dienen. Die (formelle) Standardaussprache basiert prinzipiell auf dem Phonemsystem der Schriftsprache.

4. Die „Medienpräsentationsnorm“ als Basis der Beschreibung

Die im ÖAWB / in der ADABA dargestellte Aussprache basiert auf der Beschreibung der derzeit in Österreich üblichen „Medienpräsentationsnorm“ geschulter SprecherInnen. Darunter sind jene Ausspracheformen zu verstehen, wie sie von geschulten SprecherInnen, ModeratorInnen und PräsentatorInnen im Radio und Fernsehen realisiert wird. Sie ist aufgrund des großen Medienkonsums allgegenwärtig und als überregionaler Standard allgemein akzeptiert. In der ADABA sind auch 4 Texte pro ModellsprecherIn verschiedener Textsorten und Realisierungstypen enthalten, die eventuelle Unterschiede zwischen gelesener Einwortwortaussprache und der Aussprache gelesener und frei gesprochener Texte zeigen sollen.

5. Die „Modellaussprache“ als Empfehlung und sprachliche Orientierungshilfe

Das vorliegende Korpus und die darauf basierende Beschreibung ist als Empfehlung für das sprachliche Aussprache-Verhalten in Medienpräsentationssituationen zu verstehen. Die Verwendung dieser Ausspracheformen oder eine deutliche Annäherung an diese, gibt die Gewähr der überregionalen und transnationalen Verständlichkeit im deutschsprachigen Raum, gewährleistet aber auch die Repräsentation der österreichischen Herkunft/Identität des Sprechers/der Sprecherin. Die hier dargestellte österreichische Modellaussprache ist durch Beschreibung zustande gekommen und stellt lediglich eine Empfehlung und Orientierung für die Präsentation in öffentlichen oder medialen Situationen dar. Wir legen jedoch großen Wert auf die Feststellung, dass es – wie bereits unter Pkt. (1) ausgeführt - parallel dazu weitere regionale und situative Aussprachestandards gibt, deren Wert und Status innerhalb des jeweiligen Kontextes funktional jenem der Medienpräsentationsnorm gleichzusetzen ist.

6. Parallele Aussprachestandards aufgrund unterschiedlicher kommunikativer Funktionen: "Außenstandard" und "Innenstandard"

Die hier präsentierte Beschreibung der österreichischen Aussprachenormen basiert auf der funktionalen Vorstellung, dass es nicht nur einen Aussprachestandard gibt, sondern viele verschiedene, die überregionalen, regionalen, öffentlichen, privaten oder situativen Charakter haben und dort ihre spezifische Gültigkeit besitzen.

Diese Auffassung beruht auf der Beobachtung, dass die formelle Standardsprache in Österreich zwar die Funktion der überregionalen Verständigung in formalen (unpersönlichen, öffentlichen) Kommunikationssituationen hat, jedoch kaum im persönlichen, alltäglichen Kommunikationssituationen verwendet wird. Schriftnahe Sprachformen werden vor allem auch zum Ausdruck sozialer Distanz zwischen den Sprechern und insbesondere dann verwendet, wenn die SprecherInnen nicht Eigenstandpunkte vertreten, sondern als Experten, Berichtende oder Befragte agieren. Diese Aussprachenorm wird daher von vielen ÖsterreicherInnen nur in eingeschränktem Ausmaß als Mittel der sozialen Identifikation und indivi-duellen Selbstrepräsentation empfunden. Sie dient, aus kommunikativer Sicht betrachtet, primär als „Außenstandard“ - der Außenrepräsentation. Im Gegensatz dazu stehen nähesprachliche, sprecherorientierte Sprachformen, die dann verwendet werden, wenn die SprecherInnen mit Mitgliedern der Eigengruppe, in vertrauter Umgebung oder über Eigenstandpunkte sprechen. Dabei kommen großregionale (z.B. Ostösterreich) oder regionale (bundesländerspezifische) Gebrauchsstandards (Kärnten, Tirol usw.) zum Einsatz, die eine große Verbreitung haben. Diese Sprachformen fungieren, kommunikativ betrachtet, als „Innenstandard(s)“, da durch sie soziale Nähe vermittelt wird. In der alltäglichen Kommunikation Österreichs haben diese Sprachvarianten daher eine wichtige soziale Funktion. Zudem kommt ihnen auch eine zentrale Identitätsfunktion zu, da durch sie die Zugehörigkeit zum jeweiligen Bundesland bzw. zu Österreich symbolisiert wird. Wichtig ist auch, dass zwischen den Formen des Außen- und der verschiedenen Innenstandards innerhalb desselben Gesprächs gewechselt wird. Ich habe dieses Phänomen als „innere Mehrsprachigkeit“ bezeichnet, die auch in anderen Gebieten des deutschen Sprachraums (Süddeutschland) und in anderen Ländern (z.B. Belgien, Zypern) beobachtbar ist. Sie ist nicht auf ungeschulte SprecherInnen beschränkt, sondern wird auch von geschulten österreichischen BerufssprecherInnen praktiziert, wenn diese die Kommunikationssituation erfordert.

In der ADABA finden sich dazu auch zusätzliche Texte von SprecherInnen aus Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Salzburg, Ostösterreich und Wien., die sich in den Medien geäußert haben und regionale oder großregionale Formen des ÖDt. realisieren.

7. Die Medien als einheitlicher Äußerungskontext und als Grundlage der Sprachdokumentation und der Sprachaufnahmen

Wichtig ist, dass die Dokumentation und Beschreibung der österreichischen Ausspracheformen in diesem Wörterbuch ausschließlich auf Realisierungen von SprecherInnen basiert, die in medialer Umgebung (Radio, Fernsehen) getätigt wurden. Damit war bei der Datenaquirierung ein einheitlicher Äußerungskontext vorhanden, der gewährleistet, dass alle SprecherInnen jene Ausspracheformen wählen, die sie für Situation der Mediepräsentation für angemessen halten, selbst wenn sie dabei regionale oder großregionale Varianten realisieren. Störfaktoren und Uneinheitlichkeiten, die durch die Anpassung der Sprecherrealisierungen an spezifische Äußerungskontexte üblich sind, wurden damit konsequent ausgeschlossen und eine einheitliche Aufnahmequalität und eine maximal mögliche Konstanz der Realisierungsformen erreicht.

Zum Anfang


 

C. Definitionen zentraler Begriffe:

1. Zum Begriff "Medienpräsentationsnorm "

Die in der ADABA dargestellte Aussprachenorm ist die Beschreibung der derzeit in Österreich üblichen "Medienpräsentationsnorm". Darunter ist jene Norm zu verstehen, wie sie von geschulten SprecherInnen, ModeratorInnen und Präsentatoren im Radio und Fernsehen realisiert wird. Sie ist aufgrund des großen Medienkonsums allgegenwärtig und als überregionaler Standard allgemein akzeptiert.

Zum Anfang


 

2. Zum Begriff "Modellaussprache"

Die hier dargestellte Norm ist durch Beschreibung zustanden gekommen und stellt lediglich eine Empfehlung für die Präsentation in öffentlichen oder medialen Situationen dar.

Wir legen großen Wert auf die Feststellung, dass es parallel dazu weitere regionale und situative Aussprachestandards gibt, deren Wert und Status innerhalb des jeweiligen Kontextes jenem der Medienpräsentationssprache gleichzusetzen ist. Die Beschreibung der österreichischen Aussprachenormen basiert auf der funktionalen Vorstellung, dass es nicht nur einen Aussprachestandard gibt, sondern viele verschiedene, die überegionalen, regionalen,öffentlichen, privaten oder situativen Charakter haben und dort jeweils Gültigkeit besitzen.

Zum Anfang


 

3. Zum Begriff "Außenstandard" und "Innenstandard"

Die Begriffe "Außenstandard" und "Innenstandard" basieren auf kommunikativ-funktionalen Kriterien. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein von mehreren, parallelen Sprachnormen, deren Verwendung domänenspezfisch oder funktional eingeschränkt ist.

So lässt sich beobachten, dass der "Außenstandard" - der Standard der österreichischen Medienpräsentationsnorm von den meisten österreichischen SprecherInnen überwiegend in formalen / öffentlichen Situationen verwendet wird, in denen die SprecherInnen nicht Eigenstandpunkte vertreten, sondern als Experten, Berichtende oder Befragte agieren. Die überregionalen Normen werden überwiegend in distanzsprachlichenGesprächssituationen verwendet.

Im Gegensatz dazu stehen die nähesprachlichen Sprachformen - der Innenstandard - der die eigentliche Alltagsnorm darstellt. Sie kommen vor allem dann zur Anwendung, wenn die SprecherInnen mit Mitgliedern der Eigengruppe, in vertrauter Umgebung oder über Eigenstandpunkte sprechen.

Als Innenstandard werden großregionale Gebrauchsstandards verstanden, die in der Kommunikation innerhalb desselben Bundeslandes oder innerhalb von Großregionen (z.B. Ostösterreich) verwendet werden und eine große Verbreitung haben. Man muss den Normen des Innenstandards daher aufgrund ihrer wichtigen Funktion in der alltäglichen Kommunikation Österreichs ebenfalls Standardcharakter zusprechen, das diesen Normen zudem auch eine Identitätsfunktion zukommt.  In der Datenbank finden sich dazu Texte aus Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Salzburg, Ostösterreich und Wien.

Zum Anfang


 

D. Die ModellsprecherInnen und ihre Auswahl:

1. Die ModellsprecherInnen:

Der Audio-Korpus würde von folgenden ModellsprecherInnen gesprochen.
Österreich: Stefan Pokorny und Eva Wächter-Kollpacher (ORF) 
Deutschland: Clemens Lachnicht und Eva Irion (Südwestfunk)
Schweiz: Guido Schaller und Monique Furrer (Radio DRS)
Ihnen sei dafür gedankt, dass sie der ADABA ihre Stimmen zur Verfügung gestellt haben.
Darüber hinaus haben noch insgesamt weitere 50 ORF-SprecherInnen sowie 10 SprecherInnen des Schweizer Radios und 10 SprecherInnen einzelner ARD-Sender Aufnahmen beigesteuert.

2. Die  Auswahl der ModellsprecherInnen:

1. Die Vorauswahl von potentiellen österreichischen ModellsprecherInnen anhand des Kriteriums der Repräsentativität für das Sende-Format:
Eine erste Auswahl von "typischen" ORF-SprecherInnen wurde anhand der Sendeformate vorgenommen, was eine erste Auswahlliste von 129 SprecherInnen ergab. Die Liste der potentiellen ModellsprecherInnen wurde anschließend auf jeweils 5 KandidatensprecherInnen pro Kategorie reduziert, insgesamt also 40 Personen.

2. Die Erstauswahl potentieller österreichischer ModellsprecherInnen anhand von Sprechproben aus dem ORF-Archiv. Das Ergebnis dieser Vorselektion war eine Liste von insgesamt 8 männlichen und 9 weiblichen SprecherInnen, deren Akzeptanz anschließend in einem soziophonetischen Test mit Hilfe eines Internetfragebogens überprüft wurde.

3. Die Überprüfung der soziophonetischen Akzeptanz der österreichischen ModellsprecherkandidatInnen – Die Hörerbefragung über das Internet. Die Hörerbefragung erfolgte anhand von Probeaufnahmen eines phonetisch reichhaltigen Sonderkorpus, den die 17 SprecherInnen auf Band gesprochen hatten. Die Befragung bezog sich auf die Vorbildlichkeit, Natürlichkeit, ob die Aussprache österreichisch/heimisch bzw. angenehm klang. An der Befragung nahmen 480 TeilnehmerInnen teil, die sich dank intensiver Kontaktaufnahme von Schulen und öffentlichen Institutionen über das ganze Land verteilten.

4. Die Auswahl der deutschen und schweizerischen ModellsprecherInnen Diese erfolgte durch Empfehlung der ChefsprecherInnen des Südwestfunks bzw. des Schweizer Radios DRS. Bei den ausgewählten SprecherInnen handelte es sich um die ChefsprecherInnen der jweiligen Rundfunkanstalten.

Zum Anfang


 

2. Die Transkription der Audio-Daten:

Das ca. 85.000 Einzelwörter und 24 Texte umfassende Ausgangskorpus der sechs ModellsprecherInnen wurde insgesamt dreimal transkribiert.
Die Transkription als Wiedergabe der durchschnittlichen Realisierung:
Die im ÖABW und in der ADABA dargestellte Transkription der Realisierungen der sechs ModellsprecherInnen stellt die Wiedergabe der durchschnittlichen Realisierung der einzelnen SprecherInnen und der einzelnen nationalen Varietäten dar. Das bedeutet, dass sich die tatsächliche Realisierung von der Transkription zuweilen leicht unterscheiden kann. Das bedeutet, dass die jeweilige Transkription nicht nur die absolute Lautsubstanz der jeweiligen Realisierung wiedergibt, sondern auch in Relation zu den Realisierungen der anderen SprecherInnen steht.
Eine genaue Beschreibung der Vorgangsweisen findet sich im ÖAWB auf den Seiten 16ff.

Zum Anfang


E. Eine Beispielsseite aus dem ÖAWB

Zum Anfang

F. ÖAWB/ADABA bestellen / kaufen

Das ÖAWB können Sie zusammen mit der Aussprachedatenbank unter der folgenden Adresse bestellen:

http://www.peterlang.com/index.cfm?vID=55414&vLang=D&vHR=1&vUR=2&vUUR=1

 

Zum Anfang